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Channel: Allgemein – Tieger-Blog Gerhild Tieger Autorenhaus
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Udo Lindenberg: „Normalität fällt nicht in meinen Bereich“

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„Dass Künstler sich anfeuern mit Wirkstoffen, mit Alkohol, mit Absinth, mit Koks, mit Opium, das ist ja völlig normal. Es gehört zur Natur des Künstlers, dass er sich in Grenzbereiche des Lebens, des Erlebens, der Wahrnehmung begibt. Ich hab damit ordentlich Erfahrung gemacht. Natürlich ist das nicht Pflicht für jedermann, ne? Wenn man das mit Yoga erreicht oder sonst irgendwie schon auf einem Naturhigh ist, warum nicht? Heute mach ich das nur noch ganz gezielt, nicht mehr so rund um die Uhr. Und das bekommt mir gut.“
Andreas Schräder „Wir knabberten an Matratzen“ – Sonntagszeitung.ch 8.5.2016


Orhan Pamuk: „Gute Literatur ist …

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so geschrieben, dass es klingt, als spräche man von anderen, wenn man von sich spricht, und als spräche man von sich, wenn man von anderen spricht. Der formale Rahmen muss den Leser verwirren, so dass er nicht weiss, wo das Autobiografische oder das Faktische aufhört und die Fiktion anfängt. Das ist die Stärke des Romans, etwa von „Das Museum der Unschuld“(Fischer 2010).

Wie schwer ist es, als Autor in einen völlig anderen Menschen hineinzuschlüpfen?

Es ist Spiel und harte Arbeit zugleich. Das heisst, die meiste Zeit fühle ich mich wie ein spielendes Kind, obwohl ich sehr diszipliniert schreibe und vorab exakte Pläne und Übersichten erstelle. Ich bin besessener Poet und dabei knallharter Rechner.

(…) Als Autor verwandelst du dich, wirst die Person, der du eine Stimme verleihst. Du musst sie respektieren, darfst sie nicht denunzieren, egal, was sie getan hat; und du darfst sie nicht verfälschen. Meine wichtigste Frage an meine beiden Erstleserinnen – meine Tochter und meine Freundin – lautet jeweils: Klingt das echt? Hat diese Person genau dieses Vokabular, passt alles? Oder klingt das nach Fake? Das wäre das Schlimmste. Meine Maxime heisst: „Verstehen, verstehen, verstehen.“
Alexander Kedves: „Romane mit Lösungen lese ich grundsächlich nicht“ – Sonntagszeitung 29.3.2015

R. Matthias. Holm-Hadulla: Wie Kreativität entsteht und wer den Preis dafür zahlt

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In seinem Beitrag vom 11. Januar 2017 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beschäftigt sich der Autor R.M. Holm-Hadulla („Der Mythos von Genie und Wahnsinn“) mit der Frage wie Kreativität entsteht und welche Menschen dafür prädestiniert sind:
„Tatsächlich ist die Vorstellung schon sehr alt, dass geniale Leistungen in enthusiastischer Ekstase entstünden. Plato spricht von einer theia mania, einem gottgeschenkten Außer-sich-Sein, das philosophisch, poetisch und auch erotisch inspiriert. …
Bei Theophrast, einem Schüler des Aristoteles, heißt es, dass alle außergewöhnlichen Persönlichkeiten Melancholiker seien. … Mit anderen Worten: Ekstase, Manie und Melancholie bezeichnen zunächst keine pathologischen Zustände, sondern Reizoffenheit und Labilität, die kreative Inspiration begünstigen können. Bei einem Übermaß können sie aber krankhaft werden und schöpferische Möglichkeiten beeinträchtigen.“

„So werden Dichter „poetic writers“, wesentlich häufiger stationär wegen Despressionen behandelt als der Durchschnitt. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass sie Grenzbereiche der menschlichen Existenz ausloten. Dabei müssen sie lange einsam und oft sozial verunsichert arbeiten. Wenn sie Anerkennung finden und wohlhabend werden, sinkt das Suizidrisiko.“

Colm Toíbín und Volker Schlöndorff: Gemeiname Drehbucharbeit zum Film „Rückkehr nach Montauk“

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Wenn ein Autor von der Statur Colm Toíbíns das Drehbuch schreibt, hat man dann am Set noch die Freiheit zu sagen, ach, das funktioniert nicht so richtig, ein anderer Dialog wäre besser, oder eine ganz andere Szene vielleicht?, fragte FAZ-Redakteurin Verena Lueken den Regisseur im Interview.

„Colm Toíbín war bei den ersten Proben dabei und hat auch gleich korrigiert. Außerdem war es auch nicht so, das Toíbín das Drehbuch geschrieben hätte. Er hat Texte geschrieben, aus denen ich dann ein Drehbuch montiert habe. Er hat keine Skripterfahrung, er denkt auch nicht in dramaturgischen Begriffen. Er hat übrigens nebenbei ein Buch geschrieben, das aber nicht zum Filmstart fertig geworden ist, in dem er unsere Geschichte als Roman erzählt. Er hat mir immer wieder Seiten dieses Manuskripts geschickt. Einmal habe ich gesagt: Das nehme ich als Anfang, das erspart mir eine lange Exposition. Ich hatte immer noch Texte von Toíbín in Reserve. Wenn ich noch Dialog brauchte, habe ich ihm nachts geschrieben und gefragt: Was könnten die jetzt sagen? Und ich hatte auch viele Sätze im Hinterkopf, weil die aus dem realen Leben kommen. Dem Leben abgehörte Sätze.“
aus: Verena Lueken „Kunst verträgt keinen Takt“ Ein Gespräch mit Volker Schlöndorff – Frankfurter Allgemeine Zeitung 9.2.2017

John Wray: 4 Worte für einen Roman

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Zum Erscheinen seines Romans „Das Geheimnis der verlorenen Zeit“ traf Tilman Urbach den Schriftsteller John Wray zum Gespräch über das Schreiben und die Entstehung des im Rowohlt Verlag erschienen 726 Seiten starken Romans:

„Dieses Buch begann mit einigen Worten auf einer Wand. Ich entdeckte sie in der Nachbarschaft, als ich versuchte, hier in New York als Schriftsteller zu existieren. Ich hauste damals für eineinhalb Jahre im Proberaum einer Band, genau dort, wo sich die Zubringer der Brooklyn und der Manhattan Bridge auf der Brooklyner Seite kreuzen. In der Unterführung stand „The Lost Time Accident“. Dieser Begriff setzte sich in meinem Hirn fest, obwohl er im Englischen keine genaue Bedeutung hat. Es war einfach diese Ansammlung von Wörtern, die in mir sofort etwas zum Klingen brachte. Ab er es bleibt – auch für mich – eine geheimnisvolle Phrase.“
„Kein Schreiber weiss letztlich, was er oder sie da tut im Schreibprozess. Man hat einen generellen Kurs, fügt farbige Bilder zusammen, Komponenten aus dem kleinen Kopf-Labor. Dabei ist es die Sprache selbst, die einen in verschiedene Richtungen führt. Durch ein einziges Wort kann man nicht unbedingt die Botschaft eines Satzes verändern, aber dessen Stimmung lässt sich dadurch radikal wandeln. Eine Story ist niemals nur ein Index von Gedanken, Meinungen und Ideen – es ist ein Versuch, eine emotionale Resonanz zu erzielen. Es sind die Worte und ihr Klang, die assoziativen Clouds, die ein jedes Wort mit sich trägt, die die Emotionen kreieren.“
aus Tilman Urbach „Fiktionales Erzählen ist unglaublich konservativ – Der amerikanische Autor John Wray versucht in seinem neuen Roman die Zwangsjacke abzulegen – Neue Zürcher Zeitung 30.11.2016

Wolfgang Grätz: Kunst ohne Wertung, aber mit Zweifeln

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Kunst, ein Wort ohne Wertung. Wenn ein 24-Stunden-Video mit einer Einstellung in einer Galerie oder ein verrammeltes Bett mit Pizzaresten und Plastiktrinkflaschen in einem Museum ausgestellt wird, wird das in dieser Umgebung Kunst. Selbst wenn man gerade etwas ähnliches bei einer Wohnungsbesichtigung in einem Messihaushalt gesehen hat. Eine Idee genügt, die Nachahmung der Banalität wird zu Kunst. Wolfgang Grätz hat sich mit den Selbstzweifeln der Betrachter beschäftigt und findet beruhigende Worte:

„Egal, wie groß, wie klein, wie teuer, wie billig, wie konventionell, wie experimentell oder vielleicht auch kopfüber: Das einzige wirkliche Qualitätskriterium ist, ob Sie es danach drängt, in einen inneren Dialog mit dem Bild, der Skulptur, der Fotografie zu treten. Es gibt keine objektiven, wissenschaftlichen oder kunsthistorischen Kriterien, nach denen gute Kunst definiert werden kann, nur die Anmaßungen selbsternannter Experten. Auch vermeintlich oder wirklich „große Werke“ einer Epoche werten spätere Betrachter oft völlig anders. Sie empfinden sie dann vielleicht nur noch als Dokumente der Kunstgeschichte.
(…) Wichtig ist, was die Beglückung oder die Reibung durch ein Kunstwerk mit uns macht. Ob wir etwas ausgedrückt finden, das Aspekte von uns definiert oder provoziert, die wir in Sprache nicht fassen können.“
aus: Editorial – Woran erkennt man eigentlich gute Kunst?

Stephan Krass: Abschreiben als Vorbereitung für den eigenen Text

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Der Redakteur beim Südwestrundfunk Baden Baden, Stephan Krass, ist Professor für literarische Kunst an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. In seinem Beitrag zum Thema (Schreib)Rituale erklärt er weshalb das handschriftliche Abschreiben ihn befriedigt und anregt:

„Seit ich das Abschreiben als Form des Umgangs mit fremden Texten entdeckt habe, ist mir diese rituelle Schreibpraxis zu einer unverzichtbaren Übung geworden. Abschreiben ist ja nicht ein stumpfsinniges Übertragen von Texten und Zeichen, sondern es bedeutet Auseinandersetzung, (Selbst-)Vergewisserung und beschreibt eine Form der Aneignung – ohne Besitzanspruch. Abschreiben ist eine beruhigende und kontemplative Tätigkeit, die mir in vielen Jahren zur festen Gewohnheit geworden ist. Nicht nur, wenn mir nichts Eigenes einfällt. Abschreiben hat einen autonomen Stellenwert. Einmal ist es eine Textpassage aus dem täglichen Lektürekanon, das andere Mal ein Gedicht oder ein Gedanke aus einem Zeitungsartikel. Und regelmäßig vertiefe ich mich wieder in die abgeschriebenen Texte, die in einer langen Reihe von Heften niedergelegt sind.“
aus: Rituale – „Lob des Abschreibens“ – Neue Zürcher Zeitung 6.8.2016

Alain Claude Sulzer: Autor und Entspannung im Schreiballtag

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zur Entspannung. Alain Claude Sulzer schafft es so:

„Schreiben kann schön sein, ist aber meistens anstrengender als Betriebsfremden begreiflich zu machen ist. Was tun, um den Anforderungen, die diese merkwürdige Arbeit an uns stellt, zu begegnen? Was tun, um sich zumindest zeitweise davon zu befreien? (…)
Leicht und unangestrengt geht es mit Alkohol. Einige Autoren trinken ihn während der Arbeit, besser ist es, meiner Erfahrung nach, ihn erst dann zu geniessen, wenn er keinen Schaden mehr anrichten kann, nach getaner Arbeit also, wenn er die Wahrnehmung der eigenen Grösse beim Verfertigen der Gedanken in Sätze nicht mehr trüben kann.
Ich brauche längst nicht mehr auf die Uhr zu sehen, wenn ich wissen will, ob es nun Zeit sei. Der Beginn des Rituals meldet sich überpünktlich als inwendig tickende Uhr von selbst: Um sechs ist es soweit, im Sommer etwas früher (trotz der Sommerzeit, die die Begierde als Ritardando eigentlich eine Stunde verschieben müsste.) Die innere Uhr fordert Entspannung und Lockerung, das täglich unabänderliche Ritual, mit dem man die Arbeit beschliessen und idealerweise vergessen kann: Ich öffne den Eisschrank, entnehme ihm eine Flasche Wein; nie Roten (der ist erst später dran), stets Weissen, an heissen Sommertagen manchmal Rosé, mit Vorliebe Sauvignon aus der Südtiroler Kellerei Tramin, Veltiner von Nössing aus Wien oder Toblers Pic des Combettes aus dem Rhonetal. Es kann aber auch etwas noch Unbekanntes sein. Kalt muss er genossen werden, eiskalt, einen deutlichen Schnitt zum Schreiballtag soll er markieren, auf Kehlenhöhe das Hirn vom Körper trennen, damit dieser selig entspannen kann.“
aus: Rituale – „Das Hirn vom Körper trennen“ – Neue Zürcher Zeitung 30.6.2016


César Aira: … als ob ich in der Nacht sterben würde

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Der argentinische Schriftsteller hat mehr als dreißig Jahre vom Übersetzen gelebt bis er begann mit seinen eigenen Büchern, Geld zu verdienen. Bei Matthes & Seitz erschienen der Essayband „Duchamp in Mexiko“ und „Eine Episode im Leben des Reisemalers“.

Es heißt, dass Sie Ihre Manuskripte nicht überarbeiten, fragte ihn Martina Läubli.

„Ich gehöre nicht zu den Autoren, die korrigieren, redigieren, ganze Szenen montieren und verschieben. Ich schreibe sehr langsam und definitiv, denke über jede Zeile nach, über jedes Wort. Ich schreibe, als ob ich in der kommenden Nacht sterben würde. Vielleicht wechsle ich im Nachhinein einmal ein Wort, aber es stimmt: Der Text bleibt normalerweise so, wie ich ihn geschrieben habe.“

aus: Interview von Martina Läubli „Politik bringt niemandem etwas“ für Neue Zürcher Zeitung 31.12.2016

John Wray: „Fiktionales Erzählen …

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sagt John Wray, von dem bei Rowohlt der über 700seitenstarke Roman „Das Geheimnis der verlorenen Zeit“ erschien, „ist im Grunde eine unglaublich konservative, von Regeln verstellte Kunstform. Mehr als zeitgenössische Musik, mehr als Film und weit mehr als bildende Kunst. Am Ende eines jeden Schreibprozesses fühle ich mich klaustrophobisch eingeengt, möchte der Zwangsjacke entfliehen, die ich mir selbst angelegt habe. Dann macht es enormen Spass, gegen jede Regel verschiedene Genres zu mischen und zu hybridisieren.“

aus: Tilman Urbach „Fiktionales Erzählen ist unglaublich konservativ“ – Der amerikanische Autor John Wray versucht in seinem neuen Roman, die Zwangsjacke abzulegen – Neue Zürcher Zeitung 30.11.2016

Cesar Aira: Schreiben im Café

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Martina Läubli interviewte den argentinischen Schriftsteller Cesar Aira, von dem der Roman „Eine Episode im Leben des Reisemalers“ bei Matthes & Seitz erschienen ist.

Sie sind äußerst produktiv. Wie schaffen Sie das?

„Ich schreibe jeden Tag. Schreiben macht mir Spass. Ich gehe raus, setze mich in ein Café und schreibe eine Weile, eine Stunde, vielleicht weniger. Von Hand, mit der Füllfeder. Ich bin ein militanter Füllfeder-Anhänger. Das ist alles. Aber ich mache das jeden Tag, jeden Tag eine Seite. Am Ende des Jahres habe ich dreihundert Seiten. Da ich kurze Werke schreibe, sind das manchmal drei Bücher. Es gibt kein Geheimnis dahinter.“
aus: „Politik bringt niemandem etwas“ Interview von Martina Läubli für die Neue Zürcher Zeitung 31.12.2016

Daniel vernichten

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nullEin zerknülltes Stück Papier mit roter Schrift lag neben dem Waldweg als ich am Montagmorgen mit den Hunden meine Runde lief.

Es war das Geschenk des Tages, eine Rachegeschichte in Stichworten, mit einem Plan, dramaturgisch in fünf Punkte gegliedert.

Sie begann mit der Überschrift:

Daniel vernichten

1. Daniel mental zerstören

2. Daniel Pornos fotografieren und ihn belasten

3. Zettel finden Handy durchsuchen

4. Ihm das sagen

5. Damit zu Mona und Pablo gehen

David am Arsch. Ich gut.

Den orthografischen Fehlern nach, könnte es sich um eine schwerverletzte Teenagerseele im emotionalen Ausnahmezustand handeln. Ob die Drehbuchautoren der TV-Serie „Revenge“, die ich immer wieder um ihren Einfallsreichtum beim Quälen ihrer Protagonisten und Antagonisten bewundert habe, auch einmal so angefangen haben? Kleiner Buchtipp gefällig? Nehmen Sie sich Syd Fields Standardwerk „Das Drehbuch“ und Sie haben alles, was Sie brauchen. Fast alles: Die Ergänzung dazu ist das ultimative Buch übers Drehbuchschreiben von Blake Snyder: „Rette die Katze“ Sie finden beide hier: www.autorenhaus.de

„Ansicht der leuchtenden Wurzeln von unten“

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Lyrik aus den deutschsprachigen Literaturinstituten

In seiner Lyrik-Anthologie stellt der poetenladen zweiunddreißig Lyriker und ihre Werke vor und charakterisiert sie beinahe liebevoll mit den Worten „Gedichte und ihre Verfasser „sind … selbstbewusste und störrische Einzelwesen.“

Diese neue Ausgabe gilt als Experiment, weil alle Dichtereinzelwesen, die wir kennenlernen, Teilnehmer deutschsprachiger Literaturinstitute in Österreich, der Schweiz und Deutschland waren oder sind. An welchen prosaischen Orten diese Spezies nach der Sprache für ihre Mitteilungen aus dem Inneren ins Außen sucht, erfährt der Literaturfreund „… Diese Sonderlinge hausen manchmal auch in Wohngemeinschaften, sie leben jedenfalls vom ständigen poetischen Austausch und dem Zusammenklang mit anderen ihrer Zunft.“

Lyrik hat Regeln und Formen, aus denen immer wieder neues entstehen will. Ein schönes Bild dafür haben die Herausgeber mit der Metapher der „leuchtenden Wurzeln“ gefunden. Und weil der Zugang zu moderne Lyrik manchmal schwer ist, hilft der Schriftsteller und Dichter Michael Braun mit seinem Nachwort, auch den unkonventionellen Wortarbeiten nahe zu kommen. Viele Leser wünsche ich den Dichtern dieser Anthologie.
Erschienen im poetenladen Leipzig
Herausgeber: Yevgeniy Breyger, Özlem Özgül Dündar, Alexander Kappe, Ronya Othmann, Sibylla Vricic Hausmann, Saskia Warzecha
Hier mehr: Poetenladen Verlag

Bodo Kirchhoff: Heuteleser und die Zeit im Roman

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Ursula Nuber hat den Schriftsteller über seine Novelle „Widerfahrnis“ befragt, in der u.a. ein Kleinverleger seinen Verlag aufgibt, weil es „mehr Schreibende als Leser“ gibt:

Hoffen Sie mit diesem Buch auch Menschen zu erreichen, die nicht zu den typischen Lesern gehören?

„Beim Lesen muss man die Zeit des Romans mitmachen, dann erst kann einem das Buch etwas sagen. Es ist ein anderer Begriff von Zeit, den das Lesen erzwingt, und genau diesen Begriff von Zeit wollen viele heute überhaupt nicht mehr mitmachen, sondern sie wollen in derselben Sekunde das Foto, die Antwort, eine Rückmeldung haben.“
Ursula Nuber „Ohne die Melancholie wäre mein Leben ärmer“ – Psychologie Heute März 2017

Elfriede Jelinek: Die Sprache ist wie ein Hund

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…. benutzen Sie eine Kunstsprache?

„Ich würde gerne sagen, ich mache diese Sprache, ich stelle sie her. Was ich schreibe, ist ja keine normale Sprache, das ist eben eine Art Kunstsprache, auch in der Montagetechnik, mit der ich zuweilen arbeite. Es ist eigentlich eine Sprachkomposition. Damit es weitergeht, kommt von irgendwo ein Satz, den ich brauchen kann, und dann reißt mich dieser Satz wieder voran, und schon geht es weiter. Die Sprache ist wie ein Hund, sage ich oft, weil ich immer Hunde gehabt habe, ein Hund, der einen an der Leine hinter sich herzieht, und man kann nur mitrennen.“
„Ich renne mit dem Kopf gegen die Wand und verschwinde“ – Frankfurter Allgemeine Zeitung 8.11.2004


César Luis Menotti: Fußball und Hunde

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Der Kulttrainer der argentinischen Fußballmannschaft hat in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung seine emotionale Nähe zu Hunden erklärt, für mich (und meine Hunde) macht ihn das sehr sympathisch. Nichthundebesitzer jetzt bitte einfach weiterscrollen:

„Der argentinische Fußball behauptet sich wie der Jagdhund, das ist quasi genetisch.
Diese Hunde sind seit hundert, ach was, seit tausend Jahren, Jagdhunde, und bei uns kommen immer wieder Fußballer hervor, und man weiß nicht, warum. Das muss genetisch sein, denn das ganze Umfeld hier macht es niemandem leicht, sich zu entwickeln. (…)

„Es gibt doch nichts langweiligeres als Fußball im Fernsehen. Das ist als würde ich mir einen Liebesfilm anschauen und dabei meinen Hund im Arm halten.“
aus: „Besser Maradona als irgendein Depp“ – Frankfurter Allgemeine Zeitung 4. März 2017

Barbara Vinken: Literarische Figuren und ihre Kleidung

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Die Münchener Literaturprofessorin beantwortet im Interview mit dem Magazin flair die Frage:

Wie sind Mode und ihre Farben in die Literatur eingeflossen?

Es gibt etliche Schlüsselszenen in berühmten Romanen, etwa das nudefarbene Spitzenkleid, das Renée in „Die Treibjagd“ von Èmile Zola trägt. Minutiös beschreibt er, wie sie, die Gattin eines Pariser Immobilienmoguls, darin als kostbare Preziose die Treppe hinabschreitet. Nude als Farbe der Haut und durchscheinende Spitze: Eine geradezu skandalöse Mischung. Oder die kranke Erbin Milly Theale in Henry James „Die Flügel der Taube“ in ihrem weißen Kleid mit venezianischen Perlen. Madame Bovary in ihrem blauen Merinowollkleid, als Charles sie zum ersten Mal sieht. „Die Frau in Weiß“, ein Roman von Wilkie Collins, und die 80er-Kultkomödie „Die Frau in Rot“. Nicht zu vergessen „Die Passantin“ von Baudelaire, die, den Saum ihres schwarzen Kleides schwenkend, einem Mann im Café entgegentritt.“
aus: Siems Luckwaldt „In einer Welt, die immer schwärzer wird, ersehnen wir die Heiterkeit bunter Farben“ – Flair – März 2017

Jina Khayyer: Das Symbol der Liebe ist nicht das Herz

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Die iranische Dozentin und Journalistin arbeitet für das Zeit-Magazin, Monopol und Fantastic Man. Jetzt hat sie ein autobiografisches Buch geschrieben: „Älter als Jesus oder mein Leben als Frau“ (Orell-Füssli-Verlag)
Im Interview mit Sven Broder erzählt sie, wann sie begriff, dass sie Frauen liebt, warum sie sich heute ein Kind wünscht und warum das Symbol der Liebe nicht das Herz sein sollte.

„Das Herz ist das rationalste Organ, das wir haben, das Symbol für das Leben. Es pumpt das Blut durch den Körper, ununterbrochen. Schenke ich dir also mein Herz, verschenke ich im Grunde mein Leben – und das ist furchtbar, das sollte niemand tun. Ich muss leben, um zu lieben. Liebe ist ein Gefühl, eine Wahrnehmung. Und fühlen kommt von denken.

Hör also nicht auf dein Herz …
…. sondern auf den Verstand. Der Verstand ist die Liebe.
Sven Broder „ich könnte mit dir glücklich werden“ – annabelle 1/16

Michael Hagner über Aufgabe und Leistung der Verlage

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In Grimms Wörterbuch findet man unter dem Begriff „Verlag“ die Erklärung:
„was man hinwegsetzt setzt, an einen anderen Ort bringt“
Ab dem 18. Jahrhundert heißt es dann: „… übernahme des aufwandes für herstellung eines druckwerkes“

Professor Michael Hagner (Zur Sache des Buches, Wallstein Verlag) schreibt in der Neue Zürcher Zeitung unter der Überschrift „Die Wörter bringen es ans Licht“:

„Der Verlag geht für ein Buch in Vorleistung, und zwar in ökonomischer und in ideeller Hinsicht. Wie sollte man auch die beiden Aspekte voneinander trennen, wenn ein Verlag an der Sprache eines Buches – man nennt das Lektorat – und an seiner materiellen Gestaltung arbeitet? … Ein Verlag, der sich selbst, die Sprache und die Inhalte ernst nimmt, trägt Sorge für ein Buch, macht es zu seiner Sache, setzt sich dafür ein, auch wenn er nicht wissen kann, ob die getätigten Investitionen wieder eingespielt werden.“

Kreativität gegen Angst vor dem Tod?

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„In einem Experiment stellten Forscher fest, dass Kreativität einen bisher ungeahnt positiven Einfluss besitzt – hauptsächlich auf Menschen mit schöpferischen Ambitionen und Zielen.

Seit rund drei Jahrzehnten vermuten Forscher, dass kreative Tätigkeiten wie etwa das Schreiben von Erzählungen existenzielle Ängste mildern können. Bücher, Bilder, Bühnenstücke: Die Werke suggerieren ihren Urhebern ein Stück weit Unsterblichkeit, weil sie durch den Tod nicht ausgelöscht werden, sondern als Teil der Kultur fortbestehen.“
aus: Anna Gielas „Kreativität mildert Todesangst“ – Psychologie Heute März 2017
(Rotem Perach, Arnaud Wisman: Can creativity beat death? A review evidence on existential anxiety buffering functions of creative achievement)

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